Von „Frankfurt & More“ sprechen hessische Wirtschaftsvertreter gerne, wenn sie im entfernteren Ausland Marketing für ihre Heimat machen – so bekannt ist die Rheinmain-Metropole mit seinem Flughafen, so unbekannt der Name des Bundeslandes, in dem sie liegt. Umso spannender dürfte für die Mitglieder einer südkoreanischen Delegation der Besuch am Freitag vergangener Woche (13.6.14) bei einem „Hidden Champion“ in Mittelhessen gewesen sein, dem Wettenberger Optik-Maschinenbauer OptoTech.
„Das ist einmal eine gute Gelegenheit, ganz Hessen ins Bewusstsein zu rücken“, sagte Andreas Damrau, zuständig für Investorenbetreuung bei der hessischen Wirtschaftsförderung, der Hessen Trade & Invest GmbH (HTAI). Grund für den Besuch der Banker aus dem von Großkonzernen wie Samsung und Daewoo geprägten Land: Interesse am international erfolgreichen deutschen Mittelstand.
Die vierköpfige Delegation der Korean Development Bank (KDB) kam auf Vermittlung der HTAI und der Regionalmanagement Mittelhessen GmbH (RMG) nach Wettenberg. „Wir arbeiten eng und gerne mit der Hessen Trade & Invest zusammen“, sagte RMG-Geschäftsführer Jens Ihle. Es sei das zweite Mal innerhalb weniger Woche, dass man auf diese Weise für Investitionen in Mittelhessen werben könne. Zuletzt habe sich das Regionalmanagement bei der japanischen Wirtschaftsförderung (JETRO) in Düsseldorf für die regionale Wirtschaft stark gemacht. „Mittelhessen ist attraktiv für Investoren“, ergänzte Damrau. Weniger als eine Stunde von Frankfurt und seinem Flughafen entfernt biete die Region eine hervorragende Verkehrsanbindung zu einem Bruchteil der in Rheinmain üblichen Kosten. Und das sollte im Verlauf des Treffens nicht der einzige mittelhessische Standort-Vorteil sein, der die Gäste beeindruckte.
"Optische Industrie Kernkompetenz der Region"
OptoTech als Ziel für den Besuch von Kyung-Chil Jo, Si Hyun Lim, Jun-Young Kim und Henry Hyongmook Cheong war kein Zufall: „Die optische Industrie ist eine der Kernkompetenzen der Region“, sagte Jens Ihle zum Einstieg der Gespräche und verwies dabei auch auf bekannte Namen wie Leica, Minox und Zeiss. Die Maschinen, mit denen nicht nur Leica und Zeiss, sondern auch Konzerne wie Samsung und Nikon Optiken fertigen, werden in Wettenberg konstruiert und zusammengebaut. „Wir sind eine Hi-Tech-Firma mit vielen Zulieferern aus der Region“, sagte OptoTech-Finanzchef Jochen Dietermann. 85 Prozent der Produktion des 1985 gegründeten Unternehmens gehe dabei in den Export. „Wir sind ein Global Player“, betonte Dietermann. Mit OptoTech-Maschinen werden sowohl Brillengläser hergestellt wie auch 2-Meter-Spiegel für Teleskope.
Dabei sieht sich OptoTech als „technologischer und verfahrenstechnischer Weltmarktführer“. Für die Koreaner, die für die Technologie-Sparte ihrer Bank arbeiten, war es interessant zu erfahren, wie ein mittelständisches Unternehmen mit wenig mehr als 200 Mitarbeiter solche Exzellenz erreicht. „Wir wollen die ‚Hidden Champions‘ in Deutschland kennen lernen und Beziehungen aufbauen“, sagte Kyung-Chil Jo, General Manager der KDB-Technologie-Abteilung. Besonderes Interesse zeigte die Delegation dabei an den mittelhessischen Einrichtungen zum Technologie-Transfer: Es gebe in Mittelhessen eine „starke strategische Allianz“ von Wirtschafts-Clustern mit Transfer-Einrichtungen wie der TransMIT GmbH, erläuterte Jens Ihle den Gästen.
Interessiert an Investitionsmöglichkeiten in Deutschland
„Networking ist ein wichtiger Faktor der Region“, fügte der RMG-Geschäftsführer hinzu und erwähnte dabei das herausragende Zusammenspiel von Hochschulen und Familienunternehmen. Das Regionalmanagement bot sich dabei den Finanzleuten aus Südostasien gemeinsam mit der HTAI als Ansprechpartner an. Man sei an Investitionsmöglichkeiten in Deutschland ebenso interessiert wie an Investoren für Südkorea, hieß es dazu von den Gästen.
Dass Banker selber auf Chancen-Suche für ihre Kunden gehen, war für OptoTech-Finanzchef Dietermann übrigens „ein neuer, hochinteressanter Ansatz, den ich in dieser Weise noch nicht kannte.“ Auch Ihle zog ein positives Resümee: „Der Besuch hat gezeigt, dass der Wirtschafts- und Hochschulstandort Mittelhessen mit seinen Stärken bei innovativen Industrien und den Hochschulen international als sehr attraktiv wahrgenommen wird.“ Gerade an den bestehenden Netzwerken und global ausgerichteten Mittelständlern sei die Delegation sehr interessiert gewesen. „Mit OptoTech konnten wir an dieser Stelle natürlich punkten."