Am 19. Oktober besuchte eine 25-köpfige chinesische Delegation aus Vertretern von Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen sowie Ministerien die Region Mittelhessen. Die Teilnehmer der Delegation interessierten sich für die Frage, wie die Branche der Medizinwirtschaft strukturell entwickelt werden kann. Die Regionalmanagement Mittelhessen GmbH (RMG) lud in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Gießen sowie der IHK Gießen-Friedberg - Geschäftsbereich International - zu einem Erfahrungsaustausch ein, um die aktuellen Entwicklungen in China und Mittelhessen besser kennenzulernen und anhand von Praxisbeispielen zu diskutieren, wie die Zukunftsbranche gestärkt werden kann.
Nach einer Vorstellung der Region Mittelhessen durch RMG-Regionalmanager Christian Piterek berichteten Sabine Wilcken-Görich, Leiterin der Wirtschaftsförderung der Stadt Gießen und Robert Malzacher, Geschäftsführer des Geschäftsbereich International der IHK Gießen-Friedberg, wie die regionale Medizinwirtschaft in Mittelhessen gestärkt wird. Dabei wurden drei wesentliche Aspekte deutlich: Die Branche braucht geeignete Flächen, wie sie beispielsweise im Gewerbepark im Europaviertel zur Verfügung gestellt wurden. Aber auch Vernetzungsmöglichkeiten in der Region durch Cluster oder international durch das Netzwerk der deutschen Außenhandelskammern spielen eine wichtige Rolle. Als dritten Aspekt betonten die Referenten branchenspezifische Weiterbildungsmöglichkeiten für die Unternehmen.
Von Seiten der Delegation berichtete Herr Junjie Luo, Vize Generaldirektor des Departments for Equipment Manufacturing des Ministeriums für Industrie und Informationstechnology, über die aktuellen Entwicklungen der Branche in China.
China steht vor enormen Herausforderungen für das Gesundheitssystem. Die Bevölkerungszahl von mehr als 1,3 Milliarden Einwohner erfordert an sich schon große Anstrengungen des Staats, um eine flächendeckende Gesundheitsinfrastruktur anzubieten. Darüber hinaus führt die Alterung der chinesische Bevölkerung und der zunehmende Wohlstand breiter Schichten zu erhöhten Anforderungen an das Gesundheitssystem. So betrugt der Markt der Medizinwirtschaft 2016 in China rund 370 Mrd. Dollar mit einer Wachstumsrate von 20%. Der chinesische Staat verfolgt mit „Made in China 2025“ eine umfassende Wirtschaftsstrategie. Die Medizinwirtschaft spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Wirtschaftsstrategie besagt, dass die Öffnungspolitik Chinas fortgeführt wird, Reformen zu mehr Rechtssicherheit und Innovationsförderung umgesetzt werden und der Erfahrungsaustausch mit anderen Ländern und Kulturen intensiviert wird, so Junjie Luo.
Im zweiten Teil der Veranstaltung referierten Prof. Dr. Thomas Schanze, Fachbereich Life Science Engineering der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM), Prof. Dr. Marc Schetelig, LOEWE-Zentrum Insektenbiotechnologie und Dr. Thomas Widmann, TransMIT GmbH. Sie zeigten wie fruchtbar die Verknüpfung zwischen Bildung, Forschung und Wirtschaft in Mittelhessen für die Branche sein kann.:
Prof. Dr. Thomas Schanze stellt den THM-Fachbereich Life Science Engineering vor. Die Ausbildung der Studierenden erfolge von Anfang an sehr praxisnah, Studierende bearbeiten Projekte in enger Abstimmung mit Unternehmen. Auf internationalen Wettbewerben werden die Projektarbeiten präsentiert. Darüber hinaus gibt es mit dem Anwenderzentrum Medizintechnik an der THM einen Ort, in dem Unternehmen und Hochschule in einem Gebäude sitzen und Synergien nutzen. Die Kapazitäten seien bereits ausgelastet, so dass bereits ein Neubau errichtet werde, der 2019 eröffnet wird.
Prof. Dr. Marc Schetelig stellte das LOEWE-Zentrum für Insektenbiotechnologie vor. Das Zentrum beschäftigte sich mit der gelben Biotechnologie, die aus Insekten neue Wirkstoffe entwickelt. Das LOEWE-Zentrum besteht aus sechs Business Units mit verschiedenen Schwerpunkten, wie Pharma oder Pflanzenschutz. Eine enge Zusammenarbeit mit der Industrie ist dabei immer Voraussetzung. Schwerpunkt im Bereich Medizin ist die Entwicklung von neuen Antibiotika. In den vergangenen Jahrzehnten gab es in diesem Bereich lediglich Modifikationen von bestehen Antibiotika. Durch die zunehmende Resistenz des Menschen auf diese Wirkstoffe ist es notwendig, neue zu entwickeln. Im nächsten Schritt wird aus dem Zentrum das erste Fraunhofer-Institut in Gießen, bereits jetzt gebe es eine Fraunhofer-Forschungsgruppe.
Zum Abschluss berichtete Dr. Thomas Widmann von der TransMIT GmbH über den Wissen- und Technologietransfer an mittelhessischen Hochschulen. Das Unternehmen begleitet Hochschulmitarbeiter dabei, ihre Forschungsergebnisse kommerziell zu verwerten und auf den Markt zu bringen. Im besten Fall entstehen daraus neue Produkte und Unternehmen in der Region Mittelhessen.
„Mit dem Seminar wollten wir zeigen, dass eine wirtschaftliche Entwicklung einer Branche nicht erzwungen werden kann. Wenn die Rahmenbedingungen für ein kreatives Milieu jedoch stimmen, kann sich die Medizinwirtschaft gut entwickeln kann.“ sagte Regionalmanager Christian Piterek. In Mittelhessen gibt es viele Institutionen, Forschungszentren und Unternehmen, die ein kreatives Milieu begünstigen, sodass Piterek positiv in die Zukunft schaut.