Das vor kurzem erschienene NUI-Regionenranking (Neue Unternehmerische Initiative) des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) belegt eine gestiegene Gründungsneigung in der Region Mittelhessen 2019 im Vergleich zum Vorjahr: der NUI-Indikator ist von 138,12 auf 145,16 gestiegen und liegt damit über dem deutschen (124,5) und nur knapp unter dem hessischen (146,9) Durchschnitt. Der NUI-Indikator zeigt an, wie viele Gewerbebetriebe pro 10.000 Einwohner im erwerbsfähigen Alter in einer Region in einem Jahr neu angemeldet wurden. Neben Existenzgründungen werden auch Betriebsgründungen, Übernahmen und Zuzüge von Gewerbebetrieben sowie Aufnahmen einer gewerblichen Nebenerwerbstätigkeit berücksichtigt.
Seit Sommer 2019 gibt es das das Ökosytem Digital-Gründung-Innovation Mittelhessen (DiGIMit) als EU-gefördertes Projekt beim Regionalmanagement, das den Ausbau des Netzwerks in den Themenfeldern Digitalisierung, Gründung und Innovation stärken soll. Es führt die zahlreichen Aktivitäten auf mittelhessischer Ebene zusammen, die seit Jahren in der Gründungsinitiative Mittelhessen an einem Strang ziehen. Die Gründungsinitiative wurde von der IHK Gießen-Friedberg ins Leben gerufen, für die Fachreferent Vitalis Kiefel eine Bilanz zieht: „Diese Bestätigung unserer gemeinschaftlichen Arbeit freut mich sehr. Existenzgründung und Unternehmensförderung ist einer der Kernbereiche der IHK. Dass wir in der Gründungsinitiative Mittelhessen gemeinsam daran arbeiten, zeigt, wie wichtig das Thema für alle Beteiligten ist.“
Der NUI-Wert wird auf Ebene der 401 Landkreise, Kreise und kreisfreien Städte Deutschlands erhoben, deren Spannweite hat sich im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig verändert. Der Spitzenwert (Landkreis München: 253,4) übertrifft den Schlusslicht-Wert (Kyffhäuserkreis: 65,5) im Jahr 2019 um fast ein Vierfaches. Mittelhessen arbeitet über die Hessische Wirtschaftsförderung HTAI (Hessen Trade and Invest) eng mit der Landesebene zusammen, deren Aktivitäten ebenso wie der Hessische Gründungspreis für eine Sensibilisierung für das Thema beigetragen haben: Hessen liegt mit seinem Wert von 146,9 (2018: 145,5) an vierter Stelle der 16 Bundesländer, sechs Landkreise in Hessen zählen zu den zwanzig Höchstplatzierten.
Einen wichtigen Teil dazu tragen die Hochschulen bei, die sich aktiv an der Förderung der Gründungskultur beteiligen: mit dem Wettbewerb „Hessen Ideen“ auf Landesebene und dem neu gegründeten Startup-Netzwerk Mittelhessen StartMiUp bieten sie hochschulübergreifende Angebote für Gründungsinteressierte und Startups aus der mittelhessischen Wissenschaftslandschaft. Das Verbundprojekt der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule Mittelhessen wird ebenso regional unter dem Dach des Forschungscampus Mittelhessen gebündelt und arbeitet eng mit DiGIMit zusammen.
Überdurchschnittlicher Anstieg in der Region
In Gesamt-Deutschland hat sich die Gründungsneigung im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig erhöht: Der NUI-Indikator 2019 lag im Durchschnitt um 1,6 Punkte höher als 2018, und zwar bei 124,6. Der mittelhessische Anstieg um 7,04 ist also überdurchschnittlich und umfasste vier von fünf Landkreisen. Einer hat es 2019 sogar in die besten Zehn geschafft: der Landkreis Marburg-Biedenkopf ist von einem ohnehin guten 36. Platz auf Platz 9 vorgerückt. Die Landkreise, ihre Wirtschaftsförderungen und Gründungszentren engagieren sich ebenso wie die Städte, IHKs und Handwerkskammern in der Gründungsinitiative Mittelhessen. Das Technologie- und Innovationszentrum Gießen (TIG) hat beispielsweise statt des abgesagten Gießener Existenzgründertages ein Gründungsmagazin für Mittelhessen herausgebracht.
Benjamin Stuchly ist der Ökosystem-Manager des Regionalmanagements für das Projekt DiGIMit und bilanziert die ersten 1,5 Jahre seiner Arbeit: „Als ich 2019 begonnen habe, lernte ich eine offene und potenzialreiche Gründungscommunity kennen, mit zum Teil jedoch institutionellen Hürden für die Gründungswilligen. Die Etablierung eines offenen Dialogs, wie sie in der Gründungsinitiative oder bei StartMiUp zu finden sind, fördern den Abbau dieser Hürden und schaffen eine fruchtbare Zusammenarbeit zum Wohle der Region. Ein Wandel der Mentalität ist deutlich erkennbar: Wir reden nicht mehr über Gründende, sondern mit Ihnen!“
Ein Beispiel dieser Zusammenarbeit ist die Unterstützung des Startup Weekends Mittelhessen durch annähernd 40 Institutionen und Unternehmen aus Mittelhessen und dem Rhein-Main-Gebiet. Mit ihrer Hilfe führte das Regionalmanagement die Veranstaltung erstmalig digital durch – mit fast 70 Beteiligten und innovativen Ideen aus acht Teams, die von der Erzeugung von Strohpellets bis zur Herstellung von Katzenmöbeln reichten.
„Wir wollen Geschichten aus der Region erzählen, die andere zum Nachahmen ermuntern“, erläutert Geschäftsführer Jens Ihle und verweist auf die mittlerweile 27 Folgen der Videoserie des Regionalmanagements auf YouTube, in der sich die vielfältige Startup-Community vorstellt.