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Sportstudio Mittelhessen:
Von Olympia bis zur Schulsporthalle

Regionale Sportgrössen beim Sportstudio Mittelhessen (Fotos: Daniel Guist / Schwätzer Media)
Regionale Sportgrössen beim Sportstudio Mittelhessen (Fotos: Daniel Guist / Schwätzer Media)

Sport ist für Mittelhessen mehr als nur ein weicher Standortfaktor. Eine Region, viele Potentiale.

Der Treffpunkt des deutschen Spitzensports steht kommenden Sonntag mit der Wahl zum Sportler bzw. zur Sportlerin des Jahres bevor. Der Treffpunkt des mittelhessischen Spitzensports war bereits am Mittwoch dieser Woche: Beim Sportstudio Mittelhessen trafen sich regionale Sportakteure zum Dialog. Von Olympia bis zur Schulsporthalle, hier waren alle ein Team. Mittelhessen e.V. hatte seine Mitglieder und mittelhessische Sportgrößen, fast alle sind Mittelhessen-Botschafter, zum Dialog eingeladen. Rund 90 Gäste folgten der Einladung in die Hardtberggärten der Licher Privatbrauerei. Mit Rückblick auf Olympia und Europameisterschaften und dem Ausblick auf die regionale Entwicklung des Sports in Mittelhessen fand ein transparenter Austausch statt. 

Sportliche Gespräche in gemütlicher Runde

Der illustre Abend bot Einblicke in den Alltag von Spitzensportlerin Lisa Mayer (SprintTEAM Wetzlar), Informationen über Deutschlands Olympia-Bewerbung von Thomas Weikert (Deutscher Olympischer Sportbund) und es wurde auch über die Herausforderungen unserer regionalen Vereine mit deren Vertretern geredet (Björn Seipp von der HSG Wetzlar, Andreas Joneck vom RSV Lahn-Dill, Guido Heerstraß von den GIESSEN 46ers, Timm Schneider vom TV 05/07 Hüttenberg und Stefan Gnau von BC Pharmaserv Marburg).

Moderiert haben Martina Knief vom Hessischen Rundfunk und Jörg Jakob vom kicker.

Eröffnung des Sportstudio Mittelhessen (Fotos: Daniel Guist / Schwätzer Media)

Hausherr war Holger Pfeiffer von der Licher Privatbrauerei: „Bei uns Brauern heißt es: Bier braucht Heimat. Allerdings finden wir: Auch die Heimat braucht etwas – und zwar Unterstützung. Wir als Licher Privatbrauerei nehmen diese Verantwortung seit Jahrzehnten gerne an: Sei es bei der Unterstützung von Kulturveranstaltungen und Festivals wie den Licher Wiesnfesten oder dem Gießener Kultursommer. Oder wenn es um die Förderung von Spitzen- und Breitensport in unserer Heimat geht, wo wir bei einigen Vereinen auf über 25-jährige Partnerschaften zurückblicken können. So ist der Sport seit vielen Jahren zu unterschiedlichen Anlässen immer wieder Gast und Thema in der Licher Privatbrauerei. Und das immer mit dem Ziel, den Menschen in der Region eine gute Zeit ermöglichen und die Verbundenheit zur Heimat stärken. Beim Sportstudio Mittelhessen sehen wir eine tolle Möglichkeit, einerseits die Vernetzung des Sports in der Region zu fördern und andererseits der interessierten Öffentlichkeit ein gleichermaßen informatives und unterhaltsames Format anzubieten, in dem mit hochkarätigen Gästen so aktuelle Themen wie die Zukunft des olympischen Sports in Deutschland oder die großen Herausforderungen bei den regionalen Spitzenteams diskutiert werden können."

Mittelhessen ist nicht nur eine beeindruckende Wirtschafts- und Wissenschaftsregion

Das hielt der Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich als Vorsitzender des Vereins Mittelhessen e.V. bei der Begrüßung fest. Sport machen oder für den Sport fiebern trägt besonders in Mittelhessen zur lokalen Identität und zur Stärkung der Gemeinschaft bei. Unzählige Spitzenvereine haben hier ihr Zuhause.
 
Jens Ihle, Geschäftsführer des Regionalmanagement Mittelhessen, hebt hervor: „Sport bringt Emotion in einen Standort, kreiert Vorbilder und schafft als Top-Netzwerk Begegnungen von Sponsoren, Politik und Zivilgesellschaft. Nicht zuletzt ist der Profisport eine professionelle Sportinfrastruktur und erhöht die Attraktivität und Lebensqualität einer Region. Das ist besonders in Zeiten von Fachkräftemangel essenziell. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir in Mittelhessen solche tollen Bundesliga-Angebote, Spitzensportlerinnen und -sportler haben. Für eine Flächenregion ohne große Metropolstadt ist das besonders. Mittelhessen bietet ein kulturelles, wirtschaftliches, sportliches und bildungstechnisches Angebot, welches in Deutschland seines Gleichen sucht. Das müssen wir wertschätzen. Wir brauchen die Bekanntheit im Wettbewerb der Regionen - daher sind beim „Sportstudio Mittelhessen“ auch so viele der Protagonisten auf der Bühne Mittelhessen-Botschafter.“

Olympische Highlights und auch ein paar Insights

Thomas Weikert (Fotos: Daniel Guist / Schwätzer Media)

Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und aktiver Tischtennis-Spieler in Elz, sprach über das erfolgreiche Sportjahr mit dem Höhepunkt der Olympischen Spiele in Paris. Deutschland konnte mehr Goldmedaillen als zuvor gewinnen, zeigte starke Leistungen in verschiedenen Disziplinen und überraschte auch mit unerwarteten Medaillenerfolgen. Weikert betonte, dass Deutschland weiterhin ein Sportland ist, jedoch mehr Investitionen in die Basisarbeit und Trainerausbildung erforderlich sind, um bei zukünftigen Wettkämpfen erfolgreich zu sein. Besonders der ausfallende Schulsport und die Talentförderung sind zentrale Herausforderungen, die angegangen werden müssen. Die Förderung von Sportstätten, insbesondere im Breitensport, sei ein weiterer Schwerpunkt, um die Sportentwicklung in Deutschland voranzutreiben.

Und das Sportfördergesetz? Das liegt momentan auf Eis und soll mit der neuen Regierung besprochen werden. Die Verteilung von Geldern und die Autonomie des Sports hängen von diesem Gesetz ab, das eine effizientere Mittelvergabe und den Abbau von Bürokratie anstrebt. Die Bestellung von Volker Bouffier ins DOSB-Präsidium könnte hilfreich sein, um den Dialog zwischen Sport und Politik zu intensivieren.

Weikert sprach auch über die Planung für mögliche zukünftige Olympiabewerbungen und Nachhaltigkeit. 65 Prozent der Spiele müssen in einer Stadt ausgerichtet werden. „Aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten macht das Sinn, so müssen wir nicht viel neu bauen.“ Aktuell stehen Umfragen zu Deutschlands Bewerbung bei über 70% Pro für Olympia.

Lisa Mayer (Fotos: Daniel Guist / Schwätzer Media)

Olympisch ging es weiter mit Lisa Mayer. Die Profisportlerin beim Sprintteam Wetzlar gewährte einen Einblick in ihren Alltag: "Das bisschen Sport" bedeutet 3-4 Stunden Training am Tag, zusätzlich Physiotherapie, Mentaltraining, Fokus auf Ernährung und Schlaf, aber auch die Teilnahme an Events oder Sponsorenterminen. Die Anerkennung in der Region sei groß, nicht nur zur EM oder bei Olympia. „Wenn das dann auch Kinder dazu bringt, mit dem Sport zu beginnen, ist das für mich sehr wichtig.“ 

Wie schwer es für eine Spitzensportlerin ist, nach einer Verletzung zurückzukommen? Ihr Umfeld habe sie getragen: Trainer, Verein, Familie und Freunde. Leistungssport ist ein großes Invest: „Jede Verletzung bringt auch Unsicherheit mit sich. Wenn man einen Start bei den Olympischen Spielen durch Verletzung nicht antreten kann, ist die Absicherung über den Sport-Kader nicht gegeben - aber daran hängt jegliche Förderung. Ohne Grundlagen wie Sportförderung oder auch private Sponsoren über den Verein geht es nicht.“ 

Zum Sportstudio Mittelhessen sagte sie abschließend: "Man kann Aufmerksamkeit nur erzeugen, wenn man drüber spricht. Diese Veranstaltung war eine große Bereicherung und eine tolle Plattform, um Synergien zu schaffen. So können wir das vielfältige Angebot der Region hervorheben. Mittelhessen hat Potential."

Sportvereine beim Speed Dating: „Alles außer Profifußball ist regional.“ 

Vereine beim Sportstudio Mittelhessen (Fotos: Daniel Guist / Schwätzer Media)

Die Vereinsvertreter der Mittelhessen-Botschafter HSG Wetzlar, RSV Lahn-Dill, TV Hüttenberg, Gießen 46ers und BC Marburg traten anschließend beim Speed-Dating an, um über ihre Entwicklung und Herausforderungen zu sprechen. Ein Thema zog sich durch wie ein roter Faden: Moderne Sportstätten.

  • Björn Seipp von der HSG Wetzlar will das Unternehmen zukunftsgerecht aufstellen, um weiterhin erstklassigen Handball in der Region zu gewährleisten. Für die HSG ist es die 27. Erstliga-Saison in Folge, mit rund 3.800 Zuschauern bei Heimspielen ist der Verein die Nummer 1 in Mittelhessen. „Wir brauchen Menschen aus der Region. Nachwuchshandballer, die auch in 20 Jahren noch gern zum Handball gehen. Aber auch Unterstützung aus der Wirtschaft.“ Über 60% der Einnahmen kommen aus Unterstützungsleistungen. „Die Konkurrenz durch Großstädte ist da, dort gibt es mehr Möglichkeiten.“
  • Andreas Joneck vom RSV Lahn-Dill ist sehr zufrieden mit den letzten Jahren, aber das sei keine Hypothek für die Zukunft. „Der Umzug von der Schulturnhalle in die Buderus-Arena war ein Quantensprung für unsere paralympische Sportart und gleichzeitig auch eine Chance. Aber es war auch ein notwendiger Weg.“ Paralympischen Sportarten werde oft die Professionalität abgesprochen. „Wir mussten von Anfang an beweisen, dass wir genauso professionell arbeiten. Das ist uns in Mittelhessen gut gelungen, die Region ist bombastisch für Rollstuhlbasketball.“ Der Zuschauerschnitt liegt beim RSV im 4-stelligen Bereich, das mache auch den Sportlern Spaß. Aber die Zahlen müssten noch weiterwachsen. Ob Bronze in Paris was dafür bringe? „Es zeigt, dass Ausbildung, Training und die Rahmenbedingungen in Wetzlar stimmen.“
  • Timm Schneider vom TV Hüttenberg hat vom Spielfeld ins Büro der Geschäftsführung gewechselt. Er wolle was bewegen. Der „Hüttenberger Weg“ stehe für Miteinander, dass Spieler lange bleiben und gleiche Werte weitervermitteln. Zehn der Hüttenberger Spieler sind aus der eigenen Jugend und von 17 Spielern kommen 15 aus Hessen. Der Altersdurchschnitt liegt unter 22 und dieses Jahr habe man top Verpflichtungen gemacht. „Wir haben eine gute Breite im Kader. Was würden wir machen, wenn wir jetzt noch Geld hätten? Vermutlich aufsteigen.“ Unterstützer seien wichtig. Aber auch eine Kooperation mit der HSG sei für talentierte Spieler sehr attraktiv: Nach der A-Jugend könne man ein bis zwei Jahre in Hüttenberg Erfahrung sammeln und dann zur HSG wechseln. Das bringe Vorteile für alle, damit junge Spieler nicht zu überregionalen Vereinen gehen. Denn: „Viel besser werden sie da auch nicht.“, so Schneider.
  • Guido Heerstraß von den Gießen 46ers setzt auf zukunftsorientierte Entwicklung und Zusammenarbeit. Basketball, Handball und Fußball hätten da ähnliche Herausforderungen. Er betonte die Notwendigkeit für moderne Sportstätten: „Es ist nicht einfach für ein Kommune, so viel Geld aufzutreiben. Vielleicht muss man das Thema größer denken oder anders aufziehen, mit neuen Konzepten. Hallen kommen in die Jahre, aber irgendwann gibt es einen Punkt, an dem Neues entstehen muss. Der Prozess ist ganz normal.“ Die Zusammenarbeit in der Region und mit der Wirtschaft seien daher entscheidende Faktoren für den Vereinserfolg. „Gießen ist eine brutale Sportstadt. Ich spüre die PS, die Basketball in Mittelhessen hat - man muss sie nur auf die Straße bringen.“ Für die Platzierung in der Tabelle ist auch die Gesundheit wichtig: „Wir brauchen alle an Bord. Jede Verletzung wirft uns nach hinten. In den Playoffs werden die Karten neu gemischt.“
  • Bei Stefan Gnau und dem BC Pharmaserv Marburg laufe es gut mit den Sponsoren, der Verein sei breit aufgestellt. Aber wie überall reiche das auch hier nicht, um ein konkurrenzfähiges Team für die Erste Liga aufzustellen. Man habe viel investiert in Standards und Infrastruktur. Doch der Verein spiele seit 33 Jahren in einer Schulsporthalle. „Kein Fernsehsender überträgt Leistungssport aus einer Schulsporthalle. Wir sind ein Sportverein, so wie man das kennt. Wir müssen noch mehr professionalisieren, aber wir können das Geld nur einmal ausgeben.“ Frauensport sei zudem leider in Deutschland nicht so attraktiv, auch wenn man einen Boom verspüre. Die Stadt unterstütze in vielen Belangen, aber ohne neue Halle sei es schwer, in der ersten Liga zu bleiben. Auch wenn der Erfolg im 3x3 Basketball in Paris toll war: „Zwei von unseren Spielerinnen waren dabei, eine leider verletzt. Der Bundestrainer ist Marburger und Mitglied des Vereins.“

Sport machen oder für den Sport fiebern trägt besonders bei uns in Mittelhessen zur lokalen Identität und zur Stärkung der Gemeinschaft bei. Unzählige Spitzenvereine haben hier ihr Zuhause.

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden und Unterstützern für den informativen und gelungenen Abend und wünschen dem Sport in Mittelhessen viel Erfolg!

Unterstützer des Sportstudio Mittelhessen

Fotos: Daniel Guist / Schwätzer Media