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Breitband-Camp:
Wie digital ist unsere Region

Wirtschaftsphilosoph Anders Indset beim Breitband-Camp in Marburg

Über die Flüsse des 21. Jahrhunderts

Breitband ist wichtig. Spätestens in Zeiten von Video-Streams und Home-Offices ist die Notwendigkeit von schnellen Internet-Verbindungen in der Fläche allgegenwärtig. Was bedeutet das für die digitale Zukunft der Region Mittelhessen? „Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert“, sagte dazu der Wirtschaftsphilosoph Anders Indset Donnerstag vergangener Woche in Marburg. Der Norweger hielt beim „Breitband-Camp“ der Regionalmanagament Mittelhessen GmbH (RMG) den Hauptvortrag. Drei weitere Beiträge mit praktischen Beispielen der Internet-Revolution in Bildung und Wirtschaft flankierten Indsets Grundsatzrede.

Der Wirtschaftsphilosoph und Gründer ordnete in seiner „Keynote“ zunächst die Umwälzungen durch die Digitalisierung in einen historischen Kontext ein – von der Medien-Revolution durch die Einführung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern 1439 über die industrielle Revolution bis zur Informationsgesellschaft. Von einer „permanenten Revolution“ durch das Digitale sprach Indset, von „disruptiver Kreativität“, angesichts derer Branchen aus dem Finanzsektor, der Kommunikation und Infrastruktur vor Umbrüchen bis hin zur Auflösung stünden. Angesichts der stetigen exponentiellen Vermehrung von Informationen sieht der Philosoph den „Faktor Mensch“ künftig im Mittelpunkt und gab Unternehmensführern entsprechende Tipps: Empathie, Vertrauen und auch die Akzeptanz des Scheiterns seien wichtige Werkzeuge, um Strategien für die Zukunft zu entwickeln.

Indsets Hauptrede gingen im Marburger Congresszentrum Beiträge zu praktischen Beispielen, so genannte „Best-Practice“, voraus. Für Prof. Dr. Jürgen Handke von der Marburger Philipps-Universität, erst kürzlich vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft mit dem „Ars legendi-Preis für exzellente Hochschullehre“ für seine herausragenden und innovativen Leistungen im Bereich des Digitalen Lehrens und Lernens ausgezeichnet, sind zum Beispiel Smartphones in seinen Veranstaltungen eher Herausforderung als Ärgernis: Die Zeiten seien vorbei, in denen Lehrende wie „Gralshüter“ frontal unterrichteten. „Die Studierenden wissen, was im Internet steht“, sagte Handke. Dies sei zum einen eine Herausforderung, die es zum Beispiel mit dem Lehrkonzept des „Inverted Classroom“ zu „meistern gilt“. Zum anderen gebe es der Lehre auch die Möglichkeit, mit Hilfe der Kommunikation über das Internet auch größere und heterogene Zielgruppen zu erreichen – und zwar ohne Qualitätsverlust.

„Die Steckdose im Tisch reicht nicht mehr“ – eine Binsenweisheit für Tobias Walter, Marketing- und Vertriebsleiter beim Breidenbacher Möbel-Hersteller C + P. Das Unternehmen, Hersteller von Einrichtungssystemen für Büros, habe schon früh mit digitalen Schließfächern das Digitale ins Portfolio geholt. Heute seien Smart-Table und Smart-Walls, die nicht nur kabellos kommunizieren, sondern auch das kabellose Laden mobiler Geräte ermöglichen, Stand der Technik, die C + P unter anderem in die USA und den Mittleren Osten exportiert. Walter sieht auch bei seiner Arbeit den Menschen im Mittelpunkt, denn „wenn man Bürokommunikation neu denkt“, empfehle es sich, zunächst den Menschen zuzuhören, die sie nutzen soll.

Breitband-Camp 2015 in Marburg

Wenn Wolfram Sauer über Breitband redet, dann sieht er darin „die Flüsse des 21. Jahrhunderts“, die die Menschen anzögen. Sauer ist Public Policy Manager beim sozialen Netzwerk Xing, das sich auf berufliche Kontakte spezialisiert hat. Und aus seiner Sicht sind jene Flüsse die Lebensadern für die Wirtschaft der Zukunft: Die Digitalisierung bedeute dabei nicht nur, dass Arbeit „von überall aus“ erledigt werden könne. Auch die Hierarchien in den Unternehmen sieht Sauer betroffen – und natürlich die Art, wie Betriebe Personal rekrutieren: Man müsse „neu denken“, um Mitarbeiter halten zu können - weg von der Anwesenheitspflicht, hin zur Ergebnis-Orientierung.

Wie sieht es nun mit der Infrastruktur in Mittelhessen aus, die all dies möglich macht? Darüber berichteten am Donnerstag der RMG-Breitband-Berater Klaus Bernhardt zusammen mit Wolfram Koch, Leiter der Geschäftsstelle Breitband der Hessen Trade & Invest GmbH, moderiert von Bernhardts Kollegen Dennis Pucher. Es bleibe beim Ziel, bis 2018 Breitband flächendeckend in Mittelhessen bereit stellen zu können, sagte Koch. Schon heute gebe in Hessen einige der bestversorgtesten Landkreise. Der Digitalstrategie des Landes zufolge trieben dabei die Anwendungen den Bedarf nach Breitband. Themen für die nächsten Jahre gebe es genug: Umsetzung der Breitbandförderung des Bundes in Hessen, die Versorgung mit öffentlichem WLAN sowie den Anschluss von Gewerbegebieten, denn liege die Zielmarke bei den Geschwindigkeiten heute noch bei 30 Mbit, so zeichne sich jetzt schon ab: „Die Entwicklung gehe immer weiter in Richtung Gigabit-Gesellschaft. Wir werden uns nicht auf den Erfolgen ausruhen.“