Mittelhessen hat zwei neue Botschafter: Während des Parlamentarischen Abends des Mittelhessen e.V. am Donnerstag vergangener Woche in Gießen kürte der Vereinsvorstand den Profi-Bergsteiger und Unternehmer Florian Hill und den Philosophen und Schriftsteller Stephan Thome zu neuen "Gesandten" der Region. Poetry-Slammer Lars Ruppel, der seine Ernennungsurkunde bereits Ende April während der Mittelhessen-Veranstaltung "Kultur trifft Kulturbotschafter" in Schlitz erhalten hatte, war mit einer Grußbotschaft per Video vertreten. Eine 2014 ernannte Mittelhessen-Botschafterin sorgte in der Aula der Gießener Justus-Liebig-Universität für den musikalischen Rahmen: Yana Gercke – begleitet von ihrer Band „Oh, Alaska“ – stellte ihr Können als Sängerin unter Beweis. Von der hessischen Landesregierung war Dr. Manuel Lösel, Staatssekretär im Kultusministerium, nach Gießen gekommen, um die Vereinsmitglieder und Gäste zu grüßen.
Die neuen Mittelhessen-Botschafter reihen sich ein in eine Gruppe von inzwischen 27 prominenten Einzelpersonen und Teams, zu denen Wissenschaftler und Unternehmer, aber auch Sportler wie Fabian Hambüchen, Musiker wie „Die Amigos“ und Schauspieler wie der Tatort-Mime und Autor Joe Bausch gehören. Nicht zuletzt mit ihrem Prestige fördern sie das Image der Region, aus der sie kommen oder, in der sie leben. Mit Hill und Thome hat der Verein Mittelhessen nun zwei Weltbürger zu Botschaftern ernannt, die – zusammen genommen über 17.000 Kilometer angereist – den Ruf ihrer Heimat weit um den Globus tragen:
Florian Hill, 1984 in Weilburg geboren und in Lahnau aufgewachsen, hat sich weltweit seit 2003 als Profi-Bergsteiger auf extremen Niveau durch zahlreiche Erstbegehungen einen Namen gemacht; dabei zeichnet ihn aus, dass er möglichst wenig Absicherung durch Technologie legt und nicht ständig online ist. Seit 2012 ist er Gründer einer Unternehmensberatung in New York, die sich mit transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen beschäftigt. Weitere Herausforderungen für Hill waren Schlittenhundereisen nach Alaska und zurzeit Bullenreiten beim Rodeo in Texas. Sein nächstes Ziel lautet: „Beim professionellen Rodeo in Wyoming teilnehmen“ – falls es Hills unternehmerische Ambitionen zulassen. Denn Hill arbeitet auch als strategischer Berater für den Think Tank „European Horizions“ an der amerikanischen Yale-Universität“.
Eine Karriere, die man in seiner Jugend vielleicht nicht erwartet hätte, denn er begann beim „Boxteam Lahn“ seine sportliche Laufbahn als olympischer Boxer, die er allerdings mit 19 Jahren bereits beendete. Was treibt Hill an? „Die Sehnsucht ist meine Krankheit“, bekräftigte der 32-Jährige. „Bei aller Ferne hat er den Kontakt nach Mittelhessen nie verloren“, betonte seine Laudatorin und Mittelhessen-Vorstandsmitglied Annegret Puttkammer, Pröpstin der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau am Donnerstag, denn Hill arbeitet mit heimischen Firmen und Unternehmern zusammen.
Der zweite Neu-Botschafter Mittelhessens, Stephan Thome, wurde 1972 in Biedenkopf geboren und studierte Philosophie, Religionswissenschaft und Sinologie an der Freien Universität in Berlin. Bekannt wurde er 2009 mit seinem erfolgreichen Debüt-Roman „Grenzgang“, in dem das titelgebende, nur alle sieben Jahre stattfindende historische Heimatfest aus Thomes Geburtsstadt den zeitlichen Rhythmus für den Blick auf die Protagonisten vorgibt. In den vergangenen Jahren lebte er hauptsächlich in der taiwanesischen Hauptstadt Taipeh, wo er über konfuzianische Philosophie des 20. Jahrhunderts forschte. Dort gebe es natürlich nur eine sehr unkonkrete Vorstellung von der Region Mittelhessen. „Dinge, mit denen man aufgewachsen ist, verlieren in der Ferne ihre Selbstverständlichkeit – man kann sich dadurch viel besser selbst hinterfragen“, sagte Thome, der sich aber nicht nur in Asien, sondern auch lange in Lissabon aufgehalten hat.
Seine Eindrücke fern der alten Heimat verarbeitete Thome 2012 in seinem Reiseroman „Fliehkräfte“. Anfang dieses Jahres folgte „Gegenspiel“, in dem sich die Protagonistin Mitte der Siebziger Jahre von der portugiesischen Hauptstadt über Berlin bis in die deutsche Provinz bewegt. 2014 wurde Stephan Thome von der Akademie der Künste mit dem Großen Kunstpreis Berlin in der Sparte Literatur ausgezeichnet. Im gleichen Jahr folgte zudem der George-Konell-Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden. „Sie halten einem beim Lesen den Spiegel vor. Das muss man erst einmal aushalten können. Wenn man es aushält, dann macht es Spaß“ offenbarte sich Thomes Laudator Dr. Lars Witteck von der Volksbank Mittelhessen als Fan des Autors.
Im offiziellen Programm des Parlamentarischen Abends begrüßte der Vizepräsident der Justus-Liebig-Universität Prof. Dr. Peter Winker die über 200 geladenen Besucher in der Aula des Uni-Hauptgebäudes. Staatssekretär Dr. Manuel Lösel lobte in seinen Grußworten die Netzwerkarbeit der Mittelhessen – insbesondere in dem zurzeit wegen der zahlreichen Flüchtlinge wichtigen Bildungssektor, in dem sich das Regionalmanagement mit seinem Netzwerk Bildung hervorragend engagiere. Auch der Vorsitzende des Vereins Mittelhessen, dem regionalen Netzwerk im Regionalmanagement Mittelhessen, Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich, und der Aufsichtsratsvorsitzende der Regionalmanagement Mittelhessen GmbH, Klaus Repp, freuten sich über den guten Zuspruch und maßen diesen als Indikator für den wachsenden Zusammenhalt und das Image der Region. Seinen Ausklang fand der Sommer-Abend auf dem Platz vor dem Hauptgebäude.