Jeder kennt sie, die meisten beachten sie auch: Verkaufs-Display in Supermärkten und Warenhäusern. Händler und Hersteller versprechen sich von ihnen eine Steigerung ihres Absatzes. Aber stimmt das auch? Und welchen Einfluss hat die Gestaltung auf das Kaufverhalten? „Umsatzsteigerung durch Point-of-Sale-Marketing“ war das Thema beim 3. Treffen des Netzwerks „Evidence-based Management“ im Alsfelder Werk der STI Group am Mittwoch vergangener Woche (2.11.16). Das vom Gießener Graduiertenzentrum für Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften organisierte und von der Regionalmanagement Mittelhessen GmbH (RMG) unterstützte Netzwerk will ausgewählte Firmenvertreter und Jung-Wissenschaftler in Mittelhessen zu einem Wissens-Transfer zusammenbringen.
In diesem Fall übernahm der Lauterbacher Verpackungs- und Display-Hersteller STI Group - ein 1879 gegründetes Traditionsunternehmen, das europaweit in acht Werken über 2000 Mitarbeiter beschäftigt - die Gastgeber-Rolle. Präsentiert wurde ein modernes Marktforschungsinstrument, das in Zusammenarbeit mit einem Doktoranden der Philipps-Universität Marburg entwickelt wurde: „ROI Light“. Das Interesse liegt auf der Hand: „Wie können wir mehr über den Käufer herausfinden, damit ihm die Ware in dem Display angeboten wird, das ihn am stärksten zum Kauf animiert?“, stellte STI Group-Geschäftsführer Aleksandar Stojanovic die entscheidende Frage. Doch zur Prognose der Erfolgsaussichten des einen oder auch des anderen Displays gebe es keine wissenschaftliche Untersuchung, stellte Prof. Dr. Michael Lingenfelder, Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit dem Spezialgebieten Marketing und Handelsbetriebslehre von der Marburger Philipps-Universität, fest: „Das ist sehr spannend.“
Sein Doktorand Felix Horstmann präsentierte während des Treffen des Netzwerks die Testmethode, die diese Lücke füllen soll: Steigern Display tatsächlich den Absatz, welche Rolle spielt die Gestaltung und lassen sich zu beidem zuverlässige Voraussagen treffen? Horstmann präsentierte die Ergebnisse der mehrstufigen Untersuchung, auf der „ROI Light“ basiert; Zunächst zeigte er die Resultate einer Online-Befragung, bei der 1.000 Personen zur Wirkung drei verschiedener Display-Arten und ihrer Gestaltung beim Kauf eines Fruchtsafts befragt wurden. Bei einem Feldversuch in 13 Supermärkten testeten die Forscher dann die konkreten Auswirkungen der verschiedenen Gestaltungsformen auf das Kundenverhalten. Die spannende Frage dahinter lautete: Kauft ein Kunde ein Produkt, weil ihm das Display besser gefällt?“
Keine Überraschung: Das Ergebnis der Studie bestätigte die intuitive Annahme der Hypothese. Damit sei die Wirkung der oft teuren Verkaufsförderungsmaßnahmen nun auch wissenschaftlich validiert, sagte Horstmann: Die Absatzsteigerung habe sich bestätigt – ebenso wie die Bedeutung der Gestaltung dabei. Für den STI-Group-Geschäftsführer ist diese wissenschaftlich bestätigte Prognosemodell mehr als hilfreich: Man könne Kunden nun konkrete Zahlen präsentieren, sagte Stojanovic. Denn üblicherweise habe der Ausgang eines Gesprächs mit potenziellen Kunden aus dem Handel bislang eher von dessen „Affinität zu Displays“ im Allgemeinen abgehangen. Häufig werde aus dem Bauch heraus entschieden. Nicht zuletzt spiele auch der Preis für diese Werbemaßnahme eine Rolle.
Ein „gutes Beispiel einer Zusammenarbeit, die beiden Seiten etwas bringt“ sei dieses Treffen des Netzwerks „Evidence-based Management“ gewesen, sagte Dr. Kerstin Lundström vom Gießener Graduiertenzentrum für Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften nach der Veranstaltung. Das Netzwerk hatte sich zuvor bereits zu den Themen „Geistiges Eigentum und Produktpiraterie“ sowie „Erfolgreiche Internationalisierungsstrategien“ getroffen. „Der konstruktive Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist ein wichtiges Handlungsfeld für Mittelhessen“, betonte RMG-Regionalmanager Christian Piterek nach der Veranstaltung. Dieses zu bearbeiten sei zwar oft anspruchsvoll, bringe aber die Region mittelfristig voran. „Umso spannender war das Treffen, da deutlich wurde, wie eng die Themen zusammenhängen und wie fruchtbar eine Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen sein kann.“