Hessen ist beim Breitbandausbau in den letzten Jahren gut vorangekommen und gehört inzwischen zu den bestversorgten Flächenländern. Tarek Al-Wazir, Hessischer Wirtschaftsminister erklärt dazu: „Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Breitbandausbaus in Hessen ist die lokale Vertretung über die regionalen Breitbandberater als Ergänzung der übergeordneten Beratungsinfrastruktur. Sie stehen Kommunen für die Erstberatung ebenso wie für die Begleitung der Projekte zur Verfügung. Ihre genaue Kenntnis der Regionen ist dabei ein großer Vorteil.“ Die Stelle der regionalen Breitbandberatung ist seit 2010 beim Regionalmanagement Mittelhessen angesiedelt. Al-Wazir: „Weil das so gut funktioniert, wollen wir künftig auch regionale Mobilfunkberatungsstellen einrichten.“ Die beiden Breitbandberater für Mittelhessen, Klaus Bernhardt und Dennis Pucher bieten anbieter- und technikneutrale Beratung und sind als freie Mitarbeiter angestellt.
Wir haben ihnen fünf Fragen zu aktuellen Themen rund um das schnelle Internet in Mittelhessen gestellt:
1. Herr Pucher, die Anbindung ans schnelle Internet ist Dauerthema. Wie steht es um die Versorgung in den mittelhessischen Landkreisen?
Dennis Pucher: Zunehmend besser. Die Landkreise Gießen, Lahn-Dill, Limburg-Weilburg und Marburg-Biedenkopf verfügen bereits heute mit über 95% der Haushalte über eine de facto flächendeckende Versorgung bis zu den Kabelverzweigern. Das bedeutet: das Internetsignal wird über schnelles Glasfaser übertragen und mittels Kupfer nur noch auf der so genannten „letzten Meile“ – also dem Weg vom Kabelverzweiger zum Haus. Wir haben hier Bandbreiten zwischen 25 Mbit/s und 100 Mbit/s im Downstream, die Zahlen variieren je nach Ausbaugebiet. Auch in Teilen des Vogelsbergkreises rollen die Bagger bereits. Der große Ausbau der Fläche folgt im Vogelsberg mit Abschluss der Vertragsverhandlungen am Anfang des Jahres 2019. Das Ziel ist, auch dort nach und nach eine Flächendeckung zu erreichen. Aktuell arbeiten alle Kreise daran, die Situation für private Haushalte mit weniger als 30 Mbit/s zu verbessern. Zusätzlich sollen alle Schulen und die noch unterversorgten Gewerbestandorte mit direkten Glasfaseranbindungen bis an das Gebäude versorgt werden. Diese Maßnahmen sollen bis 2021 in allen fünf Kreisen abgeschlossen sein. Eine wesentliche Unterstützung für die ausbauenden Kreise und Kommunen waren dabei die Fördergelder des Bundes und des Landes.
2. Wie unterstützen Sie als Breitbandberater für Mittelhessen diese Entwicklung?
Dennis Pucher: Je nach Situation sehr unterschiedlich: In erster Linie haben die regionalen Breitbandberater eine wichtige Scharnierfunktion zwischen dem Breitbandbüro Hessen und den ausbauenden Kreisen und Kommunen. Wir kommunizieren die Entwicklungen in der Region auf Landesebene und bringen Neuerungen zurück in die Fläche. Wenn in Ausbauprojekten an der einen oder anderen Stelle Probleme auftreten, in denen das Land unterstützen kann, sind wir häufig als Troubleshooter eingebunden und vermitteln Gesprächspartner, um den Ausbau weiter voranzubringen. Wir sind zudem oft Ansprechpartner für Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gewerbetreibenden und Institutionen.
Regelmäßig sind wir regionalen Breitbandberater unter den ersten, die größere Veränderungen wahrnehmen und durch ihre Nähe zur Praxis auch die Folgen vor Ort abschätzen können. Das gilt gerade für Verordnungen, Gesetze und Förderrichtlinien. Wir gehören aber auch zu denen, die neue Ideen implementieren und verbreitern wollen. Viele wichtige Impulse auf Landesebene gehen daher auf unsere Initiativen zurück. Um sich hierbei auf dem aktuellen Stand zu halten, ist eine bundesweite Perspektive unerlässlich. Daher trifft man uns auch auf vielen Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet.
3. Wo sehen Sie die besonderen Herausforderungen der nächsten Jahre?
Dennis Pucher: Weil die Entwicklung immer weiter geht und gehen muss, sind die Herausforderungen enorm. Politik und Experten sind sich einig, dass nach dem Ausbau bis zu den Kabelverzweigern nun zügig auch die letzte Meile – und damit jedes Haus – mit Glasfaser erschlossen werden soll. Reicht die Glasfaser bis in das Gebäude, hat das einen enormen Zuwachs der möglichen Bandbreiten zur Folge. Allerdings ist die Umsetzung auch mit exorbitanten Kosten verbunden. Hier gilt es also, so kosteneffizient wie möglich zu arbeiten und das wird nur über die Nutzung von Synergien möglich sein. Es gibt bereits erste Ansätze auf Landesebene, die nun mit den Projektträgern in einem mehrstufigen Prozess weiter vertieft werden müssen.
Ähnlich wie das Datenvolumen der Haushalte in den kommenden Jahren immer weiter steigen wird, steigen auch die Erwartungen an das Mobilfunknetz. Gerade im ländlichen Raum müssen Funklöcher geschlossen und die Abdeckung mit mobilen breitbandigen Netzen verbessert werden. Das ist auch eine wesentliche Voraussetzung, um an der fortschreitenden Digitalisierung teilhaben zu können. Ohne ein umfassendes, mobiles Datennetz werden viele sensorgestützten Anwendungen nicht in der Fläche nutzbar sein.
4. Herr Bernhardt, das Förderprogramm des Landes für kommunale WLAN-Hotspots „Digitale Dorflinde“ ist mit starker mittelhessischer Beteiligung entstanden. Beschreiben Sie bitte kurz das Programm und ihre Einbindung.
Klaus Bernhardt: In unseren Gesprächen mit den Kommunen zeigte sich großes Interesse für ein Angebot von kostenlosen und einfachen WLAN-Hotspots. Daraufhin haben wir in unseren fünf mittelhessischen Landkreisen konkrete Bedarfsabfragen bei den Kommunen durchgeführt. Auf der Grundlage von öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen aller Landkreise wurden für eine interkommunale Zusammenarbeit Fördermittel durch das Land Hessen bereitgestellt. Nachdem in Bayern und Rheinland-Pfalz landesweite Projekt bereits gestartet waren, entschied sich das Land Hessen ebenfalls auf der bereits erbrachten Vorleistung in Mittelhessen ein landesweites Programm zu gestalten. Gerne haben wir unsere Ergebnisse in das Projekt eingebracht. Als Projektleiter habe ich gemeinsam mit Martin Rudersdorf als Geschäftsführer der mittelhessischen kommunalen Zusammenarbeit, Vertretern der ekom21 sowie unter juristischer Begleitung der Anwaltskanzlei Muth & Partner in Fulda das Projekt im Auftrag des hessischen Wirtschaftsministeriums umgesetzt. Nach einer europaweiten Ausschreibung hat die ekom21 hat einen Rahmenvertrag mit IT-Innerebner aus Österreich abgeschlossen. Die Kommunen können seit September 2018 aus dem Rahmenvertrag entsprechende Beauftragungen mit einer Förderung durch die WIBank vornehmen. Das Förderprogramm sieht vor, dass jede Kommune bis zu 10 Hotspots mit jeweils 1.000 € gefördert bekommt. Seit dem Förderstart am 14. September 2018 haben sich bereits mehr als 200 Kommunen beteiligt. Bis zum Jahresende werden ca. 650.000 € Fördermittel bewilligt. Insgesamt sind 2 Mio. € Fördermittel für die Jahre 2018 und 2019 vorgesehen und nach der aktuellen Entwicklung ist die Nachfrage sogar größer als das bereitgestellte Fördervolumen.
5. Woran arbeiten die mittelhessischen Netzwerke aktuell? Gibt es neue Ansätze?
Klaus Bernhardt: Wir wollen eine zielorientierte Ausbauplanung für alle Kommunen entwickeln, die für jedes Gebäude einen direkten Hausanschluss vorsieht. Damit soll die Grundlage für einen Ausbau in den nächsten Jahren geschaffen werden und die Kommunen sollen bei den anstehenden Tiefbaumaßnahmen effizient unterstützt werden. Auch hier könnte die mittelhessische Initiative eine hessenweite Ausstrahlung bekommen und wir ein gemeinsames Projekt mit dem Land Hessen und allen Landkreisen/Kommunen in Hessen realisieren.
Jens Ihle, Geschäftsführer der Regionalmanagement Mittelhessen GmbH kommentiert abschließend: „Die Art der Zusammenarbeit des Landes Hessen mit seinen Regionen ist bei der Breitbandberatung aus meiner Sicht vorbildlich gelöst: Die Landes-Strategie wird vor Ort herunter heruntergebrochen und man hat Ansprechpartner, die sich auskennen. Zugleich fließen die Informationen direkt zurück nach Wiesbaden: wir sind dankbar für diese beispielgebende Zusammenarbeit.“