Das „Digitale Gigabit-Camp Mittelhessen“ zeigt aktuelle Entwicklungen und Potential in der Region
Am 27. Oktober fand das Gigabit-Camp Mittelhessen statt. Auf Einladung des Regionalmanagement Mittelhessen und als Onlineformat fanden sich interessierte Teilnehmer zusammen, um sich über den aktuellen Stand des Breitbandausbaus in der Region zu informieren, sich auszutauschen und miteinander zu diskutieren.
Mit dabei: Das Breitbandbüro des Landes Hessen, die Kompetenzstelle Mobilfunk, das Gigabitbüro des Bundes sowie die mittelhessische Breitbandberatung.
Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte Jens Ihle, Geschäftsführer des Regionalmanagements Mittelhessen, die Teilnehmer*innen und beschrieb die Notwendigkeit der Anbindung des Standorts ans Glasfasernetz. „Studien zeigen sehr deutlich, dass trotz oder gerade in Coronazeiten der Mittelstand einen starken Fokus auf Geschäftsmodellentwicklung und digitale Transformationen von Unternehmensprozessen hat und zunehmend haben wird“, so Ihle. Für die Bewältigung der Herausforderungen brauche man in der Region und im Land gute Abstimmung und Kooperation. „Und die garantiert unsere regionale Breitbandberatung“, so Ihle, und übergab an Wolfram Koch, Leiter des Breitbandbüro Hessen bei Hessen Trade & Invest.
Die digitale Infrastruktur in Hessen bewährt sich – Weiterentwicklung steht bevor
Koch informierte die Teilnehmer über den Status quo des Gigabit- und Mobilfunkausbaus in Hessen. Laut Koch sei der Breitbandausbau in Hessen überaus gut gemeistert worden: Seit Beginn der Corona-Pandemie habe es dank der digitalen Infrastruktur keine größeren Netzausfälle gegeben. Aus diesem Grund sei es so wichtig, die Infrastruktur wie bisher weiterzuentwickeln. Ihre Bedeutung unterstreicht Koch weiter mit einer Studie von atene KOM und des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI): Bereits Ende 2019 verfügten 92,3 Prozent der hessischen Haushalte über einen Internetanschluss mit mindestens 50 Mbit/s und liege damit über dem Bundesdurchschnitt (91,9 Prozent). Ähnlich sehe es auch in Gewerbegebieten aus, wobei hier oft der Wunsch bestehe, die bestehenden Verbindungen aufzurüsten.
Bei der Versorgung des Landes mit Gigabit (1.000 Mbit/s und mehr) sieht Koch großes Verbesserungspotential. In Hessen können nur etwa 25,5 Prozent der Haushalte mit Gigabit versorgt werden, im bundesweiten Vergleich stehe Hessen damit auf dem zehnten Platz. An dieser Stelle könne vor allem der zunehmende Fernsehkabelausbau dazu beitragen, schon bald die 60-Prozent-Marke zu erreichen. Im nächsten Schritt sei ein flächendeckender FTTP-Ausbau das Ziel, der auch in der Gigabitstrategie des Landes verankert sei.
Der erste Schritt in Richtung flächendeckenden Breitbandausbau sei nun abgeschlossen, so Koch. Der nächste Schritt sei der Glasfaserausbau, der aber durch Bestimmungen des Bundes erst 2023 großflächig in Angriff genommen werden könne. Dabei sollen Synergien mit dem Mobilfunkausbau und dem Planungssystem „GigaMaP“ genutzt werden, um den Ausbauprozess zu optimieren. Generelles Ziel bleibe es weiterhin, die Netze zu verdichten und den FTTP-Ausbau in den Kommunen zu fördern. Dies sei wichtig, um Unternehmen zukünftig in der Region anzusiedeln und halten zu können.
Ausbau des Mobilfunknetzes kommt gut voran
Im Anschluss übernahm Knut Ehrhardt von der Kompetenzstelle Mobilfunk bei Hessen Trade & Invest um die Teilnehmer über den Stand des Mobilfunks in Hessen sowie über das hessische Mobilfunkförderprogramm zu informieren. Ehrhardt erklärt, dass ein leistungsfähiges LTE-Netz gebraucht werde, da die Bevölkerung immer mehr auf gute Datenverbindungen im Alltag angewiesen sei. Dementsprechend starte aktuell mit dem 5G-Rollout in Hessen die Vorbereitung auf die Technologie von morgen. Der Mobilfunkausbau erfolge über 3 Ebenen: Der marktgetriebenen Ebene (überall dort, wo Unternehmen eigenfinanziert ausbauen), über das hessische Mobilfunkförderprogramm und die Versorgungsauflagen des Bundes bzw. die Bundesstrategie.
In Hessen gebe es zusätzlich als einziges Bundesland seit 2018 einen Mobilfunkpakt zwischen der Landesregierung und den Netzbetreibern, der den Ausbau darüber hinaus dort unterstützt, wo der marktgetriebene Ausbau nicht vorankomme. Eben dieser Ausbau werde durch die in diesem Pakt verankerten Ziele von 800 neuen und 4.000 aufgerüsteten Standorten komme enorm gefördert: Im Juli 2020 seien nach einem Jahr bereits 220 neue Standorte geschaffen und 2.642 bestehende Standorte aufgerüstet worden.
Innerhalb der Bundesstrategie gebe es noch Versorgungsauflagen, die bis 2024 für den Ausbau des LTE-Netzes gelten. Ebenso habe der Bund sein eigenes Förderprogramm über 1,1 Milliarden Euro initiiert, das von der dafür gegründeten Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) verwaltet werden soll – wann das Bundesförderprogramm starte, sei bisher jedoch unklar.
Darüber hinaus habe Hessen neben Bayern als einziges Bundesland ein eigenes Förderprogramm geplant. Durch dieses sollen mit etwa 50 Millionen Euro 300 neue Standorte in den „weißen Flecken“ im Sprachmobilfunk errichtet werden - das entspreche etwa 500.000 Euro pro Kommune. Bei interkommunaler Zusammenarbeit könne die Förderungssumme sogar um 50.000 Euro erhöht werden. Der Start des Programms ist noch für dieses Jahr geplant, aktuell befinde es sich noch im Notifizierungsprozess.
Ein wichtiger Punkt im hessischen Mobilfunkpakt sei die Anpassung der hessischen Bauordnung, in der die Modernisierung und der Neubau von Mobilfunkstandorten fest verankert sei. Diese Anpassung biete besondere Mehrwerte durch die Erhöhung der Genehmigungsfreiheit eines Standortes von 10 auf 15 Meter und die Verringerung der Abstandsflächen von 0,4 Hektar auf 0,2 Hektar. Diese Anpassungen beschleunigen und vereinfachen laut Ehrhardt den Mobilfunkausbau insofern, als dass so die Standortsuche für Masten erleichtert, der Verwaltungsaufwand reduziert und das Mobilfunknetz verdichtet werden kann.
Des Weiteren starte das hessische Ministerium für Digitale Strategie und Entwicklung eine Dialogoffensive über mehrere Ebenen, um im Mobilfunkausbau Transparenz zwischen Land und Kommune zu schaffen.
Bedarf an Breitband steigt immer weiter
Darauffolgend erzählte Sven Butler vom Bundesbreitbandbüro über den Gigabit- und Mobilfunkausbau in Deutschland. Butler berichtete von der neu erschienenen BREKO Marktanalyse, die nachweist, wie sich der Breitbandmarkt in Deutschland immer weiterentwickelt: Während im Jahr 2014 das verbrauchte Festnetz-Datenvolumen pro Anschluss und Monat durchschnittlich bei 34 Gigabyte lag, stieg die Zahl bis 2019 stark auf 132 Gigabyte an. Laut dieser Analyse soll diese Zahl bis 2025 jährlich im Durchschnitt um etwa 30% wachsen und auf 677 Gigabyte steigen. Daraus leite sich klar ein größerer Bedarf an Bandbreite ab, weshalb der geplante FTTP-Ausbau in Hessen in die richtige Richtung gehe. Gleichzeitig wachse die mobile Datennutzung fast gleichbleibend mit.
Neben dem Volumen sei ebenfalls der Bedarf an schnellem Internet gestiegen. Sowohl Bestandskunden als auch Neukunden haben seit Beginn der Corona-Pandemie vermehrt nach schnelleren Internetanschlüssen gefragt. Dies sei darauf zurückzuführen, dass vermehrt geschäftliche und private Aktivitäten von Zuhause stattfinden. Es werden immer häufiger eher direkt höhere Verbindungsgeschwindigkeiten gebucht, als niedrigere Anschlüsse im Nachhinein aufzustocken. Dass der Bedarf an dieser Stelle stetig wächst sei „für uns alle, die das Thema vorantreiben, eine erfreuliche Information“, so Butler. Ebenso erfreulich sei, dass landesweit ein großer eigenwirtschaftlicher Ausbau durch Landkreise oder Stadtwerke stattfinde und so vieles von Förderungsmaßnahmen unabhängig sei. Dennoch werde das Gigabitbüro einen Antrag an das Programm „Graue-Flecken-Förderung“ des Bundes stellen, sobald dieses verfügbar ist, um den Gigabitausbau zu stärken.
eHealth als mittelhessisches Treiber-Projekt
Abschließend informierte Dennis Pucher, regionaler Breitbandberater, über die Vorteile von flächendeckender Mobilabdeckung und wie die ausgebauten Verbindungen aktiv genutzt werden können.
„Mittelhessen ist ein Labor, in dem viele verschiedene Akteure in einer heterogenen Umgebung zusammenarbeiten“, so Pucher. Dennoch gebe es weder hier noch europaweit aktive Treiber für die 5G-Technik, was in anderen Teilen der Welt anders aussehe. Beispielsweise sei Online-Gaming in Asien ein wichtiger und schnellwachsender Markt, der deshalb als führender Treiber für 5G fungiere. In den USA habe diese Rolle das mobile Streaming, welches eine hohe Nachfrage an 5G und größeren Bandbreiten erzeuge.
Vor diesem Hintergrund habe der Bund als Fördermittelgeber Anwendungen gefordert, die durch ihre Wichtigkeit für die Bevölkerung als Treiber in Deutschland funktionieren könnten. Pucher erklärt, dass sich Mittelhessen durch den Schulterschluss mit verschiedenen regionalen Institutionen demensprechend mit dem Thema eHealth positioniere: Mit dem Projekt „MeHR 5G“ (Mittelhessische eHealth Region 5G) habe man beim 5G-Innovationswettbewerb teilgenommen. Innerhalb dieses Projektes habe man zwei Fallbeispiele angeführt, in denen die Nutzung des Gesundheitssystems effizienter gestaltet werden könne, indem man verschiedene digitale Faktoren wie Sensorikfelder, Smartphone, Apps, ein Notfall-HUB und mobilen Daten vernetzend nutzt.
Im Anschluss endete die Veranstaltung nach einer sehr von Teilnehmerfragen angeregten Diskussion.