Es gibt Stimmen, die sagen, wir brauchen gar kein schnelles Internet per Kabel, das funktioniert ja alles drahtlos. Der Mobilfunkkanal ist aber der schlechteste für Signalübertragung, den man sich vorstellen kann. Prof. Dr.-Ing. Klaus David vom Fachgebiet Kommunikationstechnik der Universität Kassel machte den Teilnehmern beim 3. Breitband-Camp Mittelhessen im Gießener Hotel Steinsgarten Ende November zunächst keine allzu großen Hoffnungen auf eine Technikrevolution durch den kommenden Mobilfunkstandard 5G. Als Impulsredner der Fach-Veranstaltung des Netzwerks Wirtschaft im Vereins Mittelhessen machte der Experte dennoch deutlich, wie die Funkübertragung in Kombination mit der Glasfasertechnik beim Internet-Ausbau Sinn ergibt und welche neuen Möglichkeiten sich dadurch für Kommunen und Unternehmen ergeben.
Nach der Begrüßung durch Dr. Lars Witteck, Vorstandsmitglied des Gastgebers, hatten zunächst zwei weitere Fachleute über den Stand und Visionen des Breitband-Ausbaus in Hessen und Mittelhessen berichtet. In Hessen seien zu diesem Zeitpunkt 90 Prozent der Haushalte mit einer Geschwindigkeit von mindestens 30 MBit versorgt, sagte Wolfram Koch, Leiter des Breitbandbüros Hessen bei der Hessen Trade & Invest GmbH (HTAI). Nächstes Ziel sei nun die Gigabit-Allianz, die beim 9. Hessischen Breitbandgipfel am 6. Juni 2018 vorgestellt werde. Martin Rudersdorf vom Landkreis Limburg-Weilburg erläuterte die Ziele der WLAN-Initiative Mittelhessen, die die Region flächendeckend mit über 1.000 Hotspots aufgestellt in Bürgerhäusern, öffentlichen Plätzen oder Schwimmbädern mit schnellem Internet versorgen soll.
Bestimmendes Thema der Veranstaltung war aber der kommende Mobilfunkstandard 5G, dessen Einführung Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, für 2020 angekündigt hat. Wie genau dieser Start aussehen werde, sei aber noch unklar, wie Prof. Dr.-Ing. Klaus David verdeutlichte. Wichtig für den Ausbau sei die Verfügbarkeit von Frequenzen. Bisher seien diese von der Regulierungsbehörde noch nicht vergeben worden.
5G-Mobilfunk Ergänzung statt Ersatz für Glasfaser
Der Kommunikationstechnik-Experte machte zudem keinen Hehl daraus, dass er der neuen Technik den revolutionären Charakter abspricht: 5G biete nicht wirklich etwas Neues und schon gar keinen Ersatz für die Glasfasertechnik. Und: Was für eine Anwendung hat man, die mehr als 10 Mbit braucht? Für den Forscher ist die Lichtfasertechnik der optimale Kanal für Signalüberragungen, denn das Mobilnetz sei per se nicht stabil: Funk schwankt aus physikalischen Gründen. Dennoch sieht David auch die Chancen des schnellen mobilen Internets: Ein mögliches Anwendungsgebiet sei die Vernetzung im Straßenverkehr, um zum Beispiel Staus umfahren zu können. Ein weiteres Szenario sei das Internet der Dinge. Das kann ganz banal sein: Ein Mülleimer teilt der Stadt mit, wenn er voll ist und geleert werden muss. Dabei erschlage 5G zwar jedes Vernetzungsproblem mit seinen Bandbreiten, bleibe dabei aber eine Funk-gestützte Lösung mit den bekannten Schwächen, deren Geschwindigkeitsversprechen zudem oft mehr vom Marketing als von der Realität getragen werde. Laut David ermögliche sie aber verschiedene Ideen für Innovationen: So zum Beispiel die Kommunikation mobiler Geräte bis hin zu Autos unter- und miteinander. Ihr Auto weiß schon, dass es sich staut, wenn Sie das noch gar nicht sehen. Die Entwicklung bremsen könne gerade das sich ausbreitende WLAN: es sorge dafür, dass Geschäft an den Providern vorbei ginge, zudem solle trotz 5G auch der derzeitige LTE (4G)-Standard weiterentwickelt und auf Gigabit-Geschwindigkeit beschleunigt werden. In der Kombination von Glasfaser- und 5G-Technologie sieht der Fachmann das größte Potenzial: David empfiehlt der Region und ihren Kommunen, sich mit Unternehmen und Regulierern zusammenzuschließen, um mit Hilfe der Funktechnik nicht gut erschlossene Bereiche anzubinden. Das Regionalmanagement als verbindender und vermittelnder Partner stehe dazu bereit, erklärte Geschäftsführer Jens Ihle. Die zunehmende Digitalisierung müsse aus Sicht von Prof. David weitere Auswirkungen haben, Unternehmen rät er, sich gegen Konkurrenz aus dem Netz zu wappnen, indem sie Prozesse und Arbeitsweisen in ihren Betrieben und im Außendienst modernisieren. Nur so könne zum Beispiel der Handel gegen Konzerne wie Amazon bestehen. Für die Gesellschaft forderte der Wissenschaftler, Informatik viel stärker an die Schulen zu bringen. Auch sei es nötig, bei der Entwicklung von neuen Diensten stärker auf die Lebensweise der Menschen einzugehen. Man könne hier von der Denkweise von Startups lernen. Als Beispiel nannte David den Elektroauto-Hersteller Tesla: Deren Fahrzeuge lernen von ihrem Nutzer und legten, wenn ihr Akku leer ist, automatisch einen Zwischenstopp beim Lieblingsort des Fahrers ein.